Wie man mit tasmanischen Teufeln kuschelt

Wie man mit tasmanischen Teufeln kuschelt
Oder anders gesagt: Richtig umgehen mit schwierigen Menschen

Unser Alltag ist voll mit schwierigen Menschen. Auch wir können zum Tasmanischen Teufel mutieren, wenn der Druck und der Stress uns überfordern oder wir uns ungerecht behandelt fühlen. Wie man damit umgeht und „Nervensägen“ in den Griff bekommt. 

Neben einem erhöhten Blutdruck haben wir für unangenehme Menschen unglaublich viele Begriffe – angefangen vom  verächtlichen „Korinthenkacker“ bis hin zum derben „Wichser“ oder „Arschloch“. Dabei spiegelt die Wortwahl unsere jeweilige Gefühlslage sehr gut wider, die meist gehörig unter Druck gerät, wenn unser Gegenüber eine gänzlich andere Wahrnehmung oder Meinung hat als wir selbst. 

Alles ganz normal … und bei aller Relativierung: Es gibt sie, die schwierigen Menschen. Psychopatinnen, Narzissten und Machiavellisten, die über Leichen gehen, um ihre Ziele zu erreichen. Den besten Tipp erteilte der Philosoph Aristoteles seinen Schülern bereits vor mehr als 2300 Jahren: Man diskutiert nicht mit den Skrupellosen, man hält sich, so gut es geht, fern von ihnen und ihrem Einflussbereich. 

Die gute Nachricht: Laut Studien ist lediglich 1% der  Bevölkerung einer der drei Typen zuzuordnen und damit wirklich boshaft und/oder gestört. Und dennoch begegnen uns schwierige Menschen überall in unserem Alltag. Glaubt man der israelischen Bar-Ilan Universität, empfinden wir im Durchschnitt jeden zweiten Menschen in  unserem näheren Umfeld als „anstrengend“ oder „schwierig“

DIE DUNKLE SEITE  DER PERSÖNLICHKEIT

Narzissten:

Sie sind selbstverliebt, egoistisch und immer auf der Suche nach Bestätigung und Applaus. Bleibt dieser aus, kommt ihre dunkle Seite hervor: Sie machen andere klein, um sich zu überhöhen, und verfallen oftmals in rasende Wut. 

Machiavellisten:

Sie sind Zyniker und Heuchler. Sie nutzen Manipulation, um sich durchzusetzen, koste es, was es wolle. Gewissensbisse kennen Sie dabei kaum. 

Psychopaten: 

Sie empfinden keine Reue, sind schnell gelangweilt und impulsiv. Sie brechen mit Vorliebe Regeln und machen das, worauf sie gerade Lust haben. Angst oder Skrupel kennen Psychopaten nicht, weshalb sie meist früh mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Doch was lässt diesen Eindruck entstehen? 

Schnelle Antwort: eine größere Unterschiedlichkeit in den so genannten „Big Five“. 

Das Modell der „Big Five“ wird in der Psychologie eingesetzt, um den Charakter einer Person zu messen, anhand von fünf Eigenschaften – Offenheit, emotionale Stabilität, Gewissenhaftigkeit, Extraversion und Verträglichkeit. 

Wobei im zwischenmenschlichen Getriebe der Sand meistens in der Verträglichkeit zu finden ist. Verträgliche Menschen sind warmherzig, hilfsbereit und höflich, es macht sie glücklich, wenn es ihren Mitmenschen gut geht. Anders die weniger verträglichen Menschen. Diese nehmen, was sie kriegen können, haben Freude an Konflikten und sind egoistisch – Hauptsache ihn geht es gut, wofür sie auch gerne streiten. 

Wenn wir durch andere genervt werden und uns über diese Menschen beklagen, begehen wir immer wieder den gleichen Fehler. Jemand nervt uns – und wir suchen den Grund dafür in seiner oder ihrer Persönlichkeit. Doch in Wahrheit sind es meist die Umstände, die für die nervige Situation sorgen. Denn unter bestimmten Umständen wird jeder schwierig, bisweilen sogar zum nervtötenden „Arschloch“. 

Neben unterschiedlichen Blickwinkeln hat die Forschung drei weitere Faktoren nachgewiesen, in denen ansonsten unauffällige Menschen auf vorhersagbare Art und Weise schwierig und unangenehm werden. 

1. Ansteckung

Trever Foulk von der University of Maryland hat in seinen Arbeiten gezeigt, dass unfreundliches Verhalten, derbe Wortwahl und raue Kommunikation so ansteckend sind wie eine Gruppe. Eine dumme Aussage des anderen kann schon ausreichen, dass wir uns selbst unfreundlicher verhalten – und zwar nicht nur dem Grobian gegenüber, sondern auch Unbeteiligten. 

2. Macht macht böse

Der Psychologe Dacher Keltner von der University of California hat in seinen Studien nachgewiesen, dass Macht auf Dauer unsere Empathie schwinden lässt und uns dazu verführt, andere für unser Zwecke rücksichtslos zu benutzen.

Besonders toxisch wirkt Macht in Händen von denjenigen, die sonst nichts zu melden haben. Plötzliche Macht in einem ansonsten langweiligen Job – diese Mischung scheint unserem Charakter alles andere als gut zu bekommen. 

3. Überlastung

Die häufigste Ursache, weshalb man zum tasmanischen Teufel wird, ist Überforderung. Unter Stress sagen wir möglicherweise Dinge, für die wir uns später entschuldigen müssen. Wir sind einfach nicht wir selbst – wie bei Dr. Jekyll and Mister Hyde: Wenn der Stress zu groß wird, kennen wir uns selbst nicht mehr. 

 

Und wie können wir diese Erkenntnisse nutzen? 

Aristoteles’ Ratschlag ist nicht nur einfach, sondern auch effektiv: Wir sollten versuchen, uns von schwierigen oder sogar toxischen Menschen fernzuhalten. Den Nervensägen in unserem Umfeld können wir ja meist einfach aus dem Weg gehen – das sollten wir auch deshalb tun, um eine Ansteckung mit unfreundlichem Verhalten unbedingt zu vermeiden.   

Das heißt aber auch: Wie attraktiv das Stellenangebot auch sein mag, man nimmt den Job nicht an, wenn man weiß, dass der Vorgesetzte ein Narzisst ist. 

 

Ist man einem Rüpel allerdings ohne Fluchtmöglichkeit ausgeliefert, gibt es zwei grundlegende Strategien: Selbst so liebenswürdig sein, wie nur irgendwie möglich, und Verbündete suchen, um gemeinsam dem Übel zu trotzen. 

Leidet man trotzdem unter dem rücksichtslosen Verhalten eines unvermeidbaren Mitmenschen, bietet der so genannte Kontext-Wechsel eine Chance: Es kann einen Versuch wert sein, den als schwierig empfundenen Menschen in einer anderen Umgebung, unter anderen Umständen zu erleben. Ein gemeinsames Lunch im Restaurant um die Ecke oder ein Afterwork-Getränk können zur Entspannung der Situation beitragen. 

Ist Überlastung die Ursache, hilft nur eines: weniger Anforderung, Tempo rausnehmen, Pausen zulassen. Darauf sollte man bei sich selbst achten, aber auch bei den Menschen im beruflichen wie auch im privaten Umfeld, damit niemand vor Stress zum tatmanischen Teufel wird. In der Ehe kann schon eine kleine Frage helfen: „Schatz, was kann ich dir abnehmen?“ Wenn wir das Leben der anderen nicht unnötig belasten, sorgen wir für ein gelasseneres Umfeld, das auch uns selbst zu mehr Gelassenheit verhilft. 

FAZIT:

Ein kluger Umgang mit schwierigen Menschen ist oftmals ein kluger Umgang mit sich selbst.

STRATEGIEN UM MIT DEM TASMANISCHEN TEUFEL ZU KUSCHELN

Gemeinsames Boot:

Gemeinsamkeiten betonen, nicht die Unterschiede. Dieser Fokus kann Feinde in Verbündete verwandeln. 

Gelassenheit

Nicht jeder Konflikt ist es wert ausgefochten zu werden – manchmal muss man scheiße vorbei schwimmen lassen.

Emotionen benennen:

Aussprechen wie die Situation oder eine aussage auf einen wirkt und was es in einem auslöst – führt zu mehr Verständnis und kann die Situation verbessern. 

Offen sein:

aktiv zuhören und vorurteilsfrei dem andern erst einmal die Bühne lassen – dass führt dazu dass sich unser Gegenüber wahrgenommen fühlt und sein verhalten uns gegenüber ändert.

Die Schuhe des anderen:

sich wirklich in die Situation des anderen hineinversetzen – Empathie fördert Kommunikation und Verständnis. 

Emotions-Regulation:

tiefe Atemzüge oder in 3er Schritten Rückwärts zählen um die Emotion herunter zu regulieren und wieder zurück ins denken zu kommen.

Inspirations-Quelle:

Wie man einen Kaktus zähmt

TEXT: Jochen Metzger

Psychologie heute Compact N° 76